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18. Anhang B: »Baud« und »bps«

18.1 Ein einfaches Beispiel

»Baud« und »bps« gehören zu den Begriffen aus dem Computer- und Telekommunikationsbereich, die vielleicht am häufigsten falsch verwendet werden. Beide Begriffe werden oft gleichbedeutend gebraucht, sie sind es aber nicht. bps bezeichnet einfach die Anzahl der Bits, die pro Sekunde übertragen werden. Die Baudrate ist ein Maß dafür, wie oft sich ein Signal pro Sekunde ändert (oder ändern könnte). Bei einem typischen seriellen Port bedeutet eine Spannung von -12 V ein 1-Bit und +12 V bedeutet ein 0-Bit. Bei einem Wert von 38.400 bps wird die Bitfolge 01010101... ebenfalls einem Wert von 38.400 Baud entsprechen, weil auch die Spannung von plus auf minus und wieder zurück zu plus wechselt, und sie wechselt 38.400 mal pro Sekunde. Bei einer andere Bitfolge, z.B. 111000111..., wird es weniger Spannungswechsel pro Sekunde geben, weil für die drei 1-Bits die Spannung auf einem Pegel von -12 V bleibt, dennoch sprechen wir immer noch von einem Wert von 38.400 Baud, weil die Möglichkeit besteht, dass die Anzahl von Spannungswechseln pro Sekunde diesen Wert erreichen könnte.

Um das Problem von einer anderen Seite zu beleuchten, denken Sie sich imaginäre Zeitmarken zwischen jedem Bit (auch wenn sich die Spannung nicht ändert). Ein Wert von 38.400 Baud bedeutet dann 38.400 dieser Zeitmarken pro Sekunde. Die Zeitmarken bezeichnen die Zeitpunkte einer erlaubten Spannungsänderung und werden in Wirklichkeit durch ein synchronisiertes Taktsignal der Hardware erzeugt, aber nicht über das angeschlossene Kabel übertragen.

Nehmen wir an, ein Spannungswechsel könnte sich über mehr als zwei erlaubte Werte erstrecken. Nehmem wir weiter an, es gäbe vier erlaubte Werte. Jeder Wert würde ein Bitpaar repräsentieren. Z.B. könnte -12 V für das Paar 00 stehen, -6 V für 01, +6 V für 10 und +12 V für 11. In diesem Fall ist die Bitrate doppelt so groß wie die Baudrate. 3000 Spannungsänderungen pro Sekunde würden 6000 Bits pro Sekunde übertragen, da jede einzelne Änderung gleich 2 Bits überträgt. Mit anderen Worten, 3000 Baud bedeuten 6000 bps.

18.2 Realistische Beispiele

Das obige Beispiel ist stark vereinfacht. Beispiele in der Realität sind zwar komplizierter, aber die Idee ist dieselbe. Das erklärt, warum ein Modem mit 2400 Baud 14400 bps (oder mehr) übertragen kann. Das Modem erreicht eine höhere bps-Rate als die Baudrate, indem es mehrere Bits in eine Signaländerung kodiert. Wenn also 2 oder mehr Bits pro Baud kodiert sind, übersteigt die bps Rate die Baudrate. Wenn auf Ihrer Modem-Modem Verbindung 14400 bps übertragen werden, werden bei 2400 Baud mit jedem Signalwechsel 6 Bits übertragen. Eine Geschwindigkeit von 28800 bps kann bei 3200 Baud mit 9 Bits/Baud erreicht werden. Wenn das Wort »Baud« fälschlicherweise gebraucht wird, ist evtl. die Übertragungsgeschwindigkeit des Modems gemeint (z.B. 33,6 kbps).

Früher hatten die üblichen bps-Raten von Modems die Werte 50, 75, 110, 300, 1200, 2400 und 9600. Das waren auch gleichzeitig die bps-Raten auf der Verbindung zwischen seriellem Port und Modem. Heutzutage hat die Übertragungsrate von Modem zu Modem die Werte 14,4k, 28,8k, 33,6k und 56k, aber die Übertragungsgeschwindigkeit über die serielle Leitung zwischen seriellem Port und Modem hat nicht die gleichen Werte, sondern 19,2k, 38,4k, 57,6k und 115,2k. Bei Modems mit V.42bis Datenkompression (max. Kompressionsrate ist 4:1) sind Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 115,2k bei 33,6k Modems möglich (bei einem 56k Modem sind entsprechend 230,4k möglich).

Mit Ausnahme der 56k-Modems verwenden die meisten Modems 2400, 3000 oder 3200 Baud. Da Telefonleitungen auf Sprachübertragung ausgelegt sind, gibt es Einschränkungen bei der verfügbaren Bandbreite, Baudraten von mehr als 2400 sind deshalb nur sehr schwer zu erreichen und setzen eine sehr gute Leitungsqualität voraus.

Wie begann die Verwirrung zwischen bps und Baud? Nun, in den alten Zeiten, als die langsamen Modems noch als Hochgeschwindikeitsmodems angesehen wurden, stimmte die bps-Rate tatsächlich mit der Baudrate überein. Pro Phasenveränderung wurde ein Bit kodiert. Die Begriffe Baud und bps wurden gleichbedeutend gebraucht, weil sie den selben Wert hatten. Z.B. hatte ein 300 bps Modem auch eine Baudrate von 300. Das änderte sich alles, als schnellere Modems auftauchten, und die Bitrate überstieg die Baudrate. »Baud« ist nach Emile Baudot benannt, dem Erfinder des asynchronen Telegraphen. Eine Möglichkeit, mit der dieses Problem behoben werden kann ist, den Begriff »Symbolrate« anstelle des Ausdrucks »Baud« zu verwenden, um damit die Bezeichnung »Baud« zu vermeiden (Mit »Symbol« ist dann das übertragene Bitmuster gemeint).


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