5.2. X-Grundlagen

Anwendern anderer grafischer Benutzeroberflächen, wie Microsoft® Windows® oder Mac OS®, kommt X beim ersten Mal oft befremdlich vor.

Man braucht kein weitreichendes Verständnis der X-Komponenten und Ihres Zusammenspiels, um X anzuwenden. Um die Stärken von X auszunutzen, sollten Sie allerdings die Grundlagen verstehen.

5.2.1. Warum heißt es X?

X ist nicht die erste grafische Benutzeroberfläche, die für UNIX® geschrieben wurde. Die Entwickler von X arbeiteten vorher an einem anderen System, das W (von engl. window: Fenster) hieß. X ist schlicht der nächste Buchstabe im Alphabet.

X wird “X”, “X-Window-System” oder “X11” genannt. Sagen Sie bitte nicht “X-Windows”: das kommt bei einigen Leuten schlecht an (die Hilfeseite X(7) führt dies näher aus).

5.2.2. Das Client/Server-Modell von X

X wurde von Anfang an netzwerktransparent entworfen und verwendet ein Client-Server-Modell. In diesem Modell läuft der Server auf dem Rechner, an dem die Tastatur, der Bildschirm und die Maus angeschlossen ist. Der Server ist für Dinge wie die Verwaltung des Bildschirms und die Verarbeitung von Tastatur- und Maus-Eingaben verantwortlich. Jede X-Anwendung, beispielsweise ein XTerm oder Netscape® ist ein Client. Der Client sendet dem Server Nachrichten wie “Zeichne an diesen Koordinaten ein Fenster” und der Server sendet dem Client Nachrichten der Art “Der Benutzer hat gerade den Ok-Knopf gedrückt”.

In kleinen Umgebungen laufen der X-Server und die X-Clients auf demselben Rechner. Es ist aber durchaus möglich, den X-Server auf einem weniger leistungsfähigen Arbeitsplatzrechner laufen zu lassen und die X-Anwendungen (die Clients) auf dem leistungsfähigen und teuren Server der Arbeitsgruppe zu betreiben. In diesem Fall kommunizieren der X-Server und die X-Clients über das Netz.

Dieses Modell verwirrt viele Leute, die erwarten, dass der X-Server der dicke Rechner im Maschinenraum und der X-Client ihr Arbeitsplatzrechner ist.

Merken Sie sich einfach, dass der X-Server der Rechner mit dem Bildschirm und der Maus ist und die X-Clients Programme sind, die in den Fenstern laufen.

Das X-Protokoll ist unabhängig vom verwendeten Betriebssystem und Rechnertyp. Ein X-Server kann durchaus auch unter Microsoft Windows oder Apples Mac OS betrieben werden, wie viele kostenlose und kommerzielle Anwendungen zeigen.

Ab FreeBSD 5.3-RELEASE wird der X-Server Xorg verwendet. Der Server steht kostenlos unter einer ähnlichen Lizenz wie der FreeBSD-Lizenz zur Verfügung. Kommerzielle X-Server sind ebenfalls erhältlich.

5.2.3. Der Window-Manager

Die X-Philosophie “Werkzeuge statt Richtlinien” ist wie die UNIX-Philosophie. Es wird nicht vorgeschrieben, wie eine Aufgabe zu lösen ist, stattdessen erhält der Benutzer Werkzeuge, über die er frei verfügen kann.

Dies geht so weit, dass X nicht bestimmt, wie Fenster auf dem Bildschirm auszusehen haben, wie sie mit der Maus zu verschieben sind, welche Tastenkombination benutzt werden muss, um zwischen den Fenstern zu wechseln (z.B. Alt+Tab unter Microsoft Windows), oder ob die Fensterrahmen Schaltflächen zum Schließen haben.

X gibt die Verantwortung für all diese Sachen an eine Anwendung ab, die Window-Manager genannt wird. Unter X gibt es zahlreiche Window-Manager: AfterStep, Blackbox, ctwm, Enlightenment, fvwm, Sawfish, twm, Window Maker um nur einige zu nennen. Jeder dieser Window-Manager sieht anders aus: Manche stellen virtuelle Bildschirme zur Verfügung, in anderen lassen sich die Tastenkombinationen zur Verwaltung des Bildschirms anpassen, einige besitzen eine Startleiste oder etwas Ähnliches und in manchen lässt sich das Aussehen und Verhalten über die Anwendung von Themes beliebig einstellen. Die eben genannten Window-Manager und viele weitere finden Sie in der Kategorie x11-wm der Ports-Sammlung.

Die grafischen Benutzeroberflächen KDE und GNOME besitzen eigene Window-Manager, die in den grafischen Arbeitsplatz integriert sind.

Die Window-Manager werden unterschiedlich konfiguriert. Einige erwarten eine manuell erstellte Konfigurationsdatei, andere bieten grafische Werkzeuge für die meisten Konfigurationsarbeiten an. Die Konfigurationsdatei von Sawfish ist sogar in einem Lisp-Dialekt geschrieben.

Fokus: Der Window-Manager ist für die Methode, mit der ein Fenster den Fokus bekommt, verantwortlich. Jedes System, das Fenster verwendet, muss entscheiden, wie ein Fenster aktiviert wird, damit es Eingaben empfangen kann. Das aktive Fenster sollte zudem sichtbar gekennzeichnet werden.

Eine geläufige Methode, den Fokus zu wechseln, wird “click-to-focus” genannt. Die Methode wird in Microsoft Windows benutzt: Ein Fenster wird aktiv, wenn es mit der Maus angeklickt wird.

X legt nicht fest, wie der Fokus einzustellen ist, stattdessen bestimmt der Window-Manager welches Fenster den Fokus zu einem gegebenen Zeitpunkt erhält. Alle Window-Manager stellen die Methode “click-to-focus” bereit, die meisten stellen auch noch andere Methoden bereit.

Verbreitete Methoden, den Fokus einzustellen, sind:

focus-follows-mouse

Den Fokus hat das Fenster, unter dem sich der Mauszeiger befindet. Das muss nicht unbedingt das Fenster, sein, das sich vorne befindet. Wird der Mauszeiger in ein anderes Fenster bewegt, so erhält dieses Fenster den Fokus, ohne das es angeklickt werden muss.

sloppy-focus

Diese Methode erweitert die Methode “focus-follows-mouse”. Wenn die Maus mit “focus-follows-mouse” aus dem Fenster auf die Oberfläche bewegt wird, verliert das aktive Fenster den Fokus. Da dann kein Fenster mehr den Fokus hat, gehen alle Eingaben verloren. Die Methode “sloppy-focus” wechselt den Fokus nur, wenn sich der Mauszeiger in ein neues Fenster bewegt und nicht, wenn er das aktive Fenster verlässt.

click-to-focus

Das aktive Fenster wird durch einen Mausklick festgelegt (dabei kann das Fenster vor alle anderen Fenster gesetzt werden). Alle Eingaben werden dann, unabhängig von der Position des Mauszeigers, dem aktiven Fenster zugeordnet.

Viele Window-Manager unterstützen noch andere Methoden, so wie Abwandlungen der hier vorgestellten Methoden. Schauen Sie sich dazu bitte die Hilfeseiten Ihres Window-Managers an.

5.2.4. Widgets

Die X-Philosophie dehnt sich auch auf die Widgets aus, die von den Anwendungen benutzt werden.

Ein Widget bezeichnet Objekte, die manipuliert werden können, wie buttons (Schaltflächen), check buttons (Mehrfachauswahlknopf), radio buttons (Einfachauswahlknopf), Icons und Auswahllisten. Unter Microsoft Windows werden Widgets Controls genannt.

Microsoft Windows und Apples Mac OS geben strenge Richtlinien für Widgets vor: Von den Entwicklern wird erwartet, dass Sie Anwendungen mit einheitlichem Aussehen und einheitlicher Bedienung (look and feel) entwickeln. X gibt weder einen Stil noch Widgets vor, die benutzt werden müssen.

Erwarten Sie daher nicht, dass alle X-Anwendungen gleich aussehen oder sich gleich bedienen lassen. Es gibt mehrere verbreitete Widget-Sammlungen, beispielsweise die Athena-Widgets vom MIT, Motif® (abgeschrägte Ecken und drei Grautöne, danach wurden die Widgets von Microsoft Windows entworfen) oder OpenLook.

Die meisten neuen X-Anwendungen benutzen heute modern aussehende Widgets, wie Qt, das von KDE benutzt wird oder GTK+, das von GNOME benutzt wird. Damit wird eine gewisse Einheitlichkeit in Bedienung und Aussehen erreicht, die sicher neuen Benutzern die Arbeit erleichtert.

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